Ich arbeite ja auch als Foodbloggerin. Im Zuge dessen bin ich irgendwann in diversen Datenbanken diverser Agenturen gelandet und werde mit Pressematerial und der Bitte um Berichterstattung versorgt. So weit – so normal.

Heute landete eine Mail in meinem Postfach, die ich interessiert las. Eine Berliner Stiftung, die 2011 gegründete wurde, sich „Female Leadership“ auf die Fahne geschrieben hat und viele tolle und spannende prominente Frauen auflistet, plant im Vorfeld des Frauentages ein Event, um Geld für ein cooles Refugee-Projekt für Frauen und deren Kinder in Berlin zu sammeln. Unterkoffeiniert scrolle ich mit einem übernächtigten Auge durch das PDF, nicke erfreut als ich über die Ziele lese (weltweite Projekte im Bereich Bildung, Gesundheit und Schutz von Mädchen und Frauen, Hilfe zur Selbsthilfe, 100% Spendenweitergabe),  und pfeife mental durch die Zähne, als ich beeindruckt die Namen der Promifrauen lese – eine Melange aus 10 Publizistinnen, Künstlerinnen, Moderatorinnen, Motorsportlerinnen, (Ex-)Chefinnen von Softwareunternehmen,  Models und Unternehmerinnen, die am 4.3. in Berlin zusammenkommen sollen, um unter der Schirmherrschaft der Schweiz Rösti zu braten.

Wait… um bitte was?! Ich springe hektisch zum Anfang des Pressetextes zurück. Kochen? Für den Weltfrauentag? Nee.. kannnjanichsein, also das würde doch niemand…! Da muss ich mich doch verlese…- Mein Blick saugt sich am ersten Absatz fest: „Anlässlich des Weltfrauentages am 08.03.2016 kochen zehn prominente Frauen unter Schirmherrschaft der Schweizer Botschaft die Schweizer Kartoffelspezialität…“ Urgs.. kein Scherz. Nicht verlesen. Die meinen das tatsächlich im Ernst.

Weib! Zurück an den Herd!

Die Idee für dieses Projekt Geld zu sammeln ist ja schön, die – mir bis dato gänzlich unbekannte – Stiftung und deren Sinn ist wunderbar. Aber das Mittel zum Zweck? Rösti-Braten anlässlich des Frauentages? Was steht denn da für eine Aussage dahinter? Was wird damit wieder für unsere Gesellschaft inhaltlich alles mitgesendet? „Frauen* zurück an den Herd!“? Warum nicht gleich: „Putzen für den Weltfrieden“? Oder direkt ein „Stepford Wives-Contest“? Und dann noch mit 3 Männern zur Bewertung in der 9köpfigen Jury. Wie schrieb mir eine andere Foodbloggerin heute mit bitterem Unterton dazu auf Twitter: „Es geht doch nichts über die natürliche Ordnung.“ (Dass ich nur 2 Woman of Color insgesamt ausmachen kann, steht dann auch nochmal auf einem anderen Blatt…)

Frauen haben es in dieser Welt scheiße schwer. Und dann findet diese Stiftung, die für Geschlechtergerechtigkeit eintritt, tatsächlich 10 herausragende Frauen, die in ihrem Gebiet brillieren. Und macht was? Steckt sie in Schürzen und stellt sie an die Bratpfanne. Um Kartoffelspezialitäten zu brutzeln. Und das, um den Tag zu begehen, der für Gleichberechtigung, Emanzipation und die Rechte der Frauen steht. Frauen, die sich seit Ewigkeiten prekär für ihre Familien totputzen und -kochen. Das ist so dermaßen absurd, so kleinmachend und reduzierend, dass man es kaum fassen kann und das Begreifen nur langsam durch die Großhirnrinde sickert. Das hätte sich kein erzkonservativer misogyner Komiker zum Thema „Rolle der Frau“ und „die drei K“ besser ausdenken können. Clara Zetkin rotiert wahrscheinlich gerade in ihrem Grab.

Versteht mich nicht falsch: Ich liebe Kochen, Backen, Braten, Dinge geradezu magisch in göttliches Essen zu verwandeln.  Es ist Teil meines Berufes, aber „Female Leadership“ zum Frauentag (!) dazu zu bringen sich an den Herd zu stellen, läuft irgendwie am Sinn dieses Tages elementar vorbei, reproduziert die gängigen Rollenklischees – aus denen wir ja gerade noch versuchen zu entkommen – und ist aus feministischer Sicht mehr als nur etwas verstörend. Gut gemein ist halt manchmal die kleine Schwester von Scheiße. Schade drum. Sehr, sehr, sehr. :/

Mehr zu diesem Event findet sich auf der Webseite von Astraia, auf Twitter und in ihrem FB-Profil.

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