Posts Tagged ‘ Karl Xerox Theodor ’

Ich könnte mich jetzt lang und breit darüber auslassen, wie schmierig ich den Herrn von und zu Guttenberg samt seiner Frisur finde, dass mir sein erster Anblick damals zwar nicht Instant-Hate bescherte, aber ich immerhin den Eindruck hatte, dass mir spontane Antipathie-Pocken unsichtbar aus jeder seiner Poren entgegen quollen.  Ich könnte also erzählen, dass der Mann bei mir vom ersten Augenblick an, als er seinen wohlgeformten Barbie-Ken-Mund öffnete, absolutes Misstrauen auslöste und sämtliche Alarmsirenen in meiner Großhirnrinde -rein  metaphorisch betrachtet – dauerkreischten. Ich könnte auch berichten, dass bei den ersten Meldungen über Plagiatsvorwürfe ein hämisch-boshaftes Lachen meinen bezaubernden Lippen entglitt.

All das könnte ich. Werde ich aber nicht. Weil – das wäre ja sehr stark subjektiv eingefärbt und daher total unsachlich…  Und nett wäre es wahrscheinlich auch nicht. Also, um nicht davon zu sprechen, was jener Mann schon vor Urzeiten mit meinen irritiert aufgestellten Nackenhaaren anstellte, werde ich mich mal seiner Doktorarbeit widmen.

Karl Xerox Theodor zu Guttenbergs Doktorarbeit

Ich habe zwar nie eine Doktorarbeit geschrieben (ich fürchte, dazu fehlten mir Ehrgeiz und Dreistigkeit), sondern nur eine Magisterarbeit und unzählige andere wissenschaftliche Seminararbeiten  verfasst. Als Akademikerin und freie Journalistin (die es ja grundsätzlich berufsbedingt hassen, wenn ihre Texte sich unbezahlt und ohne Quellenangabe plötzlich irgendwo anders wiederfinden ;-)) kann ich sehr gut verstehen, warum sich so viele über die Plagiatsvorwürfe aufregen.

Was ich nicht verstehen kann, ist, dass es tatsächlich Leute gibt die rumquengeln, dass das doch alles nicht so schlimm wäre und die paar kopierten Textstellen doch niemandem weh tun. Die Vorwürfe wären ja alle nur aus Neid entstanden oder die Opposition hätte das angeleiert und Herr Guttenberg wäre ja dennoch ein guter Verteidigungsminister,  er macht seinen Job doch toll und soll keinesfalls zurücktreten. Und schließlich hat ihn ja Frau Merkel auch nicht als Hiwi angestellt, wa? Mal so ein paar Fußnoten zu vergessen… das is‘ doch pille palle. Das kann ja jedem mal passieren. Ist ja menschlich. Oder nicht?

Solche Aussagen bringen mein Blut zur Wallung. Und zwar nicht im positiven Sinne. Um das klar zu stellen: ich bin die letzte, wirklich die aller-, allerletzte, die sich darüber aufregt, wenn man mal vergisst eins, zwei Zitate zu kennzeichnen.  Das ist nicht schön, das ist nicht toll. Aber es kann – begraben unter einem riesigen Berg von Notizzetteln, der Arbeit mit verschiedenen Arbeitsversionen und mit der Hektik des herantrabenden Abgabetermins – durchaus mal vorkommen. Da schreibt man sich rasch was aus der Sekundärliteratur heraus und vergisst es dann im Stress einfach zu kennzeichnen. Oder kann das später eventuell nicht mehr genau verifizieren, ob der Satz selbstverfasst oder aus einem anderen Werk entnommen ist. (Lacht nicht, bei Arbeiten mit 20-30 verschiedenen Quellen, über einen längeren Zeitraum hinweg, mit hypothetisch chaotischer Arbeitsweise, wäre das denkbar) Das ist dann – im gewissen Maße – ein beschissener, aber unabsichtlicher Fehler, der eine unsaubere Arbeitsweise quittiert und über den man mal hinweg sehen kann.

Wissenschaftliches Arbeiten

Jetzt kommt das große „Aber“: Aber bei aller öffentlicher Bagatellisierung der Guttenbergschen Doktorarbeit – dies scheint hier nicht vorzuliegen. Ich mag den Mann nicht, aber ich habe mich dennoch bemüht die Sache unvoreingenommen als Wissenschaftlerin anzusehen, gerne bereit mal den einen oder anderen Flüchtigkeitsfehler durchgehen zu lassen. Was ich dann  beispielsweise im Guttenplag – vorfand und las, wollte ich im Grunde nicht glauben. Denn so unglaublich dumm und dreist kann eigentlich kein Mensch vorgegangen sein. Was sich vor meinen Augen auftat, war systematisch, betrieben von einer gewissen kriminellen Energie und Verschleierung. Denn wenn man ein Zitat einfügt und dann versehentlich vergisst die Fußnote einzufügen, dann kommt man dennoch noch lange nicht auf den Gedanken, das Zitat nochmals etwas umzuschreiben und zu verfremden. Genausowenig, wie einem spontan entfallen kann, dass man mal eben ganze Passagen entwendet oder ganze 15 Seiten in seine Dissertation einfließen lässt.

Um mich nicht misszuverstehen: Das Aufnehmen von schon vorhandenen Thesen und die Handhabung sie einfließen zu lassen – das ist sicherlich ein Großteil der wissenschaftlichen Arbeit. Man baut eben auf den Forschungen und Erkenntnissen anderer auf, aber selbst für diesen Fall von indirekten Zitaten gibt es dann noch eine Fußnote, die mit „Vgl.  siehe hier und dort….blablabla“ ihren Anfang nimmt, um korrekt zu belegen wo man Anleihe für diese Gedankengänge genommen hat. Es ist allerdings Sinn aus diesen gesammelten Fakten abschließend in Eigenleistung seine eigenen Schlussfolgerungen und Theorien zu ziehen

Guttenberg – der Umgang mit den Plagiatsvorwürfen

Was Herr Guttenberg sich da zusammengeguttenbergt ..äh.. gezimmert hat, ist also – von meiner privaten und bescheidenen Warte aus – ein geplanter Betrug und eine vorsätzliche Täuschung, die abschließend auch noch die echte wissenschaftliche Arbeit anderer Akademiker abwertet.  Zumal es ein nicht gerade glückliches Licht auf seine Persönlichkeit und Arbeitsmoral wirft. Denn spätestens ab dem Grundstudium sollte jedem klar sein, dass ein solches Arbeiten mehr als nur ein wenig ehrenrührig ist.

Und selbst wenn es eine von der Opposition lancierte erste Meldung zu dem Thema gegeben hätte – es interessiert an dieser Stelle einfach nicht. Die Doktorarbeit hat nicht heimlich jemand von der Opposition verbrochen und dem armen Guttenberg untergeschoben, das hat er nämlich ganz allein zu verantworten. Weil einen Ghostwriter hat er ja garantiert nicht beschäftigt. Sagt er.

Spannend finde ich, dass viele Menschen scheinbar zwischen den hier unter Beweis gestellten Charakterzügen und seiner Arbeit als Verteidigungsminister unterscheiden können. Das ist ungefähr so, als würde ich einem windigen Gebrauchtwagenverkäufer, ein neues Glanzpolish für seine Karosserie verpassen und ihm dann, weil er ja so hübsch glänzt, die Oberherrschaft über die deutschen Truppen antragen. Man möge doch bitte mal die Augen öffnen – dieser Fall, diese Handlung betrifft den GANZEN Menschen. Da ist keine Trennung möglich, das ist auch keine Bagatelle – das ist eine ganz klare Frage von Vertrauen. Und wenn mein Verhältnis zu ihm vorher schon einen Knacks weg hatte – jetzt ist es förmlich unterirdisch. Für mich als deutsche Staatsbürgerin hat so ein Mann, so ein Mensch, wirklich nichts mehr in einem öffentlichen Amt zu suchen. Fertig. Im Grunde würde es der Anstand gebieten, dass er  zurücktritt und nicht, dass er überlegen lächelnd seinen Titel ruhen lässt.

Wenn ich König von Deuuutschland wär….

Leute – macht doch bitte mal die Augen auf – der Typ ist vor ein paar Jahren plötzlich auf der politischen Bühne erschienen. Der perfekte siegfriedianische junge Held: Groß, gutaussehend, selbstsicher, machthungrig – an seiner Seite das sozial-engagierte blonde Kampfweibchen – und dann auch noch adelig! Mein Gott! Fehlt nur noch das Schwert. Spätestens jetzt fängt der durchschnittlich-obrigkeitsgläubige und adelsgierige Bildzeitungsleser hektisch an zu hyperventilieren und erleidet quasi den politischen Megaorgasmus. Adel! Blaues Blut! Fast so wie datt William und datt Kate in England! Oder damals im Kaiserreich. Ganz egal, ob in Deutschland der Adel noch existent ist oder nicht: Hach – ein eigener König (und ich denke auf das Bundespräsidenten- oder Kanzleramt  ist KXTs sehr geschickt konstruierte und PR-mäßig geplante Karriere langfristig ausgelegt – man braucht ja schließlich Ziele im Leben), na das wäre doch was.  Dann wären wir Deutschen ja endlich mal wieder was. So mit so ner Quasi-Monarchie von Guttenbergs Gnaden. Da wäre die Ordnung dann wieder hergestellt. Immer wieder faszinierend zu beobachten, wie sehr die menschliche Natur dazu neigt – ja eher giert – sich selbst klein zu halten und zu einem katzengoldschillernden Führer aufzublicken.

Die Zukunft von Deutschland

Und ich fürchte fast – so wird es kommen. Trotz Doktor-und-Plagiatsskandal, wird es der Delinquent schaffen, was noch keiner vor ihm schaffte, sich wohl behütet aus seiner misslichen Lage herauswinden, das ganze souverän lächelnd als Kavaliersdelikt abtun und huldvoll seinem Volk zu winken. Und das Volk, das Revolutionen auslöste und umbarmherzige Machthaber und Unterdrücker stürzte, wird (bis auf wenige Ausnahmen, die damit beschäftigt sein werden, sich vor Unbehagen zu übergeben) glückselig-verliebt zu ihrem Herrn aufblicken.

Ich hoffe doch sehr, dass ich mich betreffs dieser Deutschlanddystopie irre, mein Instinkt mich trügt und meine Abneigung meine Sinne all zu sehr vernebelt. Andererseits – die Piraten (bei denen ich seit diesem Jahr kein Mitglied mehr bin), haben mich im Kleinen gelehrt, dass in der Politik immer irgendwo ein selbstherrlicher Suppenkasper auftaucht, der sein Pfauenrad auf dem Rücken der anderen schlägt. Nicht nur die Revolution, auch die Politik frisst genüsslich ihre eigenen Kinder und lässt sie dann zwar ohne Kopfschuss, aber jeglicher Ideale und Visionen beraubt zurück.

Ich bin dann mal kurz weg, arbeiten und meinen Brechreiz bekämpfen.

 
Februar 22nd, 2011 Menschen, Politisch | 4 Comments
 
 
WordPress › Fehler

Es gab einen kritischen Fehler auf deiner Website.

Erfahre mehr über die Problembehandlung in WordPress.